Konzept zur Restaurierung und Erweiterung der Steinmeyer-Orgel

Instrument

Die Orgel der Matthäuskirche wurde zwischen 1955 und 1963 durch die Oettinger Firma Steinmeyer als op. 1900 erbaut. Sie verfügt über 64 Register auf 4 Manualen und Pedal. Dennoch ist das Instrument bis heute unvollendet geblieben: etliche leere Registerschilder am Spieltisch deuten auf eine größere Disposition hin wie auch der "stumme" Pfeifenprospekt über dem Durchgang zur Sakristei. Der Architekt der Kirche, Gustav Gsaenger, sah ursprünglich an dieser Stelle ein sog. Fernwerk vor, das aber nicht realisiert wurde.

Zustand

Nach mehr als 50 Jahren bedarf die Orgel durch Verschmutzung und Abnutzung im technischen Bereich einer dringenden Restaurierung. Auch gilt es, behutsam konzeptionelle Mängel (Klangabsprache, Klangvolumen, Gravität, Technik, Disposition etc.) zu beheben. Da die Orgel Teil des vollständig erhaltenen Kirchenensembles ist, das kürzlich als "kulturelles Denkmal von nationaler Bedeutung" eingestuft wurde, erscheint der Erhalt des Instruments auch in diesem größeren Zusammenhang sinnvoll und notwendig. In Gesprächen mit dem Amt für Denkmalpflege, Orgelsachverständigen, Orgelbauern, dem Landeskirchenmusikdirektor, dem Kirchenvorstand und dem Kantor und Organisten der Matthäusgemeinde wurden einvernehmlich Eckdaten für ein neues Konzept festgelegt.

Konzept Restaurierung und Erweiterung

Folgende Maßnahmen sind geplant:

  1. Unverändertes äußeres Erscheinungsbild der Orgel.
  2. Detaillierte Instandsetzung und Restaurierung des originalen Zustands.
  3. Errichtung eines Fernwerks auf der gegenüberliegenden Seite der Orgel - hinter dem stummen Prospekt - entsprechend der ursprünglichen Idee des Architekten Gustav Gsaenger.
  4. Erweiterung des Instruments, um klangliche Defizite auszugleichen (Grundtönigkeit, Klangvolumen bei voller Kirche) und um eine breitere stilistische Vielfalt (und damit einen großen Teil des bedeutenden Orgelrepertoires) angemessen darstellen zu können (Barockmusik sowie deutsche und französische Symphonik).
  5. Verbesserung der Spieltraktur.
  6. Herstellung eines neuen Spieltisches, der den vielfältigen liturgischen und konzertanten Aufgaben in der Bischofskirche gewachsen ist. Wünschenswert wäre aus Sicht des Denkmalamtes die Restaurierung des vorhandenen Spieltisches als bedeutendes Denkmal der Technik der 50er Jahre. Die Kosten hierfür müssten vom Denkmalamt aufgebracht werden.

Kosten

Die Gesamtmaßnahme liegt nach ersten Schätzungen bei 1, 6 Millionen €. Wünschenswert wäre ein baldiger erster Bauabschnitt (möglichst noch in 2010), um die Orgel nach der Sanierung der Kirche schnell wieder in Betrieb nehmen zu können. Dieser Teil der Arbeiten würde etwa 630.000 € kosten. Das Denkmalamt hat einen Beitrag von ca. 350.000 € als Anteil des "denkmalpflegerischen Mehraufwands" für das Gesamtprojekt in Aussicht gestellt. Dieses Geld ist aber erst bei Auftragsvergabe der Gesamtmaßnahme zu erwarten.

Umsetzung

Neben dem Zuschuss des Landesamtes für Denkmalpflege muss das Orgelprojekt allein aus Spenden finanziert werden. Zu diesem Zweck hat sich der "Orgelbauverein der Bischofskirche St. Matthäus München e.V." gegründet, der personell eng mit der Matthäuskirchengemeinde verzahnt ist (Vorstand: Hayko Siemens, 1. Vorsitzender; Hermann Schreiner, 2. Vorsitzender; Andreas Schott, Kassenwart; Pfarrer Gottfried von Segnitz, Beisitzer). Die Schirmherrschaft haben dankenswerterweise übernommen Dr. Johannes Friedrich, Landesbischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Bayerns und Christian Ude, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München. Steuerlich absetzbare Spenden werden erbeten auf das Konto des "Orgelbauverein St. Matthäus München e.V.", Konto-Nr. 1000 788 776 bei der Stadtsparkasse München, BLZ 701 500 00.

Ausblick

Im Bereich des Orgelbaus wurden seit jeher Instrumente abgerissen, um neuen Platz zu machen. Auch diese wurden und werden wieder anderen Platz machen müssen, um stets sich ändernden Hörgewohnheiten und stilistischen Vorlieben "gerecht" zu werden. Auch vielen bedeutenden Orgeln der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts ist es so ergangen, so dass unveränderte Instrumente dieser Zeit bereits selten geworden sind, auf denen immerhin die Musik von so bedeutenden Komponisten wie Hindemith, Distler, Pepping, David oder anderer Komponisten der sogenannte "Orgelreformbewegung" adäquat dargestellt werden kann. Der Ansatz beim Orgelprojekt in der Matthäuskirche ist der, diesen Fundus an Klangvorstellungen in kreativer Weise neu einzubinden und zu ergänzen, um damit die großen Epochen der Orgelmusik (Barock, Romantik) vollwertig wiedergeben zu können, ohne die zweifellos interessanten, von Obertönigkeit geprägten Klangideen der Mitte des letzten Jahrhunderts preisgeben zu müssen. Dieses Konzept erscheint in der Synthese aus Sorgfalt und Verantwortung im Umgang mit Überkommenem einerseits und Kreativität in der sinnvollen Hinzufügung von Neuem andererseits als einzigartige Bereicherung der Orgellandschaft Münchens, Bayerns und weit darüber hinaus. Die Anforderungen an die Orgelbauer sind dabei erheblich, nämlich aus diesen heterogenen Teilen ein neues, harmonisches Ganzes zu schaffen. Nur erstrangige Firmen mit breiter Erfahrung in der Restaurierungsarbeit wie mit innovativen Gestaltungsideen wurden für diese Herausforderung angefragt. Der Kirchenvorstand der Matthäuskirche hat sich in seiner Sitzung am 19. Mai 2009 einstimmig für das außerordentlich durchdachte und fantasievolle Konzept der Marburger Orgelbaufirma Gerald Woehl ausgesprochen.